Was passiert, wenn Leben und Tod nicht wie geplant zusammenspielen?
Alex ist 30 Jahre alt, als er die Diagnose Magenkrebs erhält. Als er sieben Jahre alt war, ist sein Vater an Magenkrebs gestorben. Traumatisiert durch die Erlebnisse in in seiner Kindheit nimmt er sich felsenfest vor, sein Umfeld nicht mit seinem Ableben zu belasten. Die Wünsche seiner Freundin Lisa und seines besten Freundes Bene, die ihn gerne bis zum Ende bei sich hätten, ignoriert er. Erinnert an seine eigene Vergangenheit versucht er sie durch eine Flucht in seinen Tod zu schützen. Er möchte die Zeit, die ihm mit Lisa und Bene noch bleibt, genießen und sich an-, nein abschließend, in einem Hospiz einquartieren.
Im Hospiz Haus Leerwaldt angekommen lernt Alex die unterschiedlichsten Menschen kennen. Pflegekräfte und Gäste. Er ist selbst gerade dabei sein altes Leben loszulassen, als er von den Wünschen und Träumen einiger Gäste hört. Er selbst hatte sich vor seinem Gang zum Hospiz noch eine „Liste der Dinge, die er noch tun möchte“ zusammen mit seiner Freundin Lisa erstellt und diese auch abgearbeitet. Zumindest empfindet er das so. Und nun muss er feststellen, dass es viele Menschen, wie Lilia, Peter, Wilhelm und Khalil gibt, die ihre Liste nicht mehr abarbeiten konnten.
Und dann ist da Kasper. Er wohnt schon länger als erwartet im Hospiz. Denn das Sterben hat nicht immer nur etwas mit Wollen und Können zu tun. Kasper jedenfalls trägt es mit Humor, dass er doch noch etwas länger als erwartet im Hospiz sein darf. Und er wird für Alex zu einem Freund und wichtigen Gesprächspartner.
„Von den Gästen ist Kasper der Einzige, der schon so lange da ist wie ich. »Ein Glück bin ich krank genug, dass sie mich nicht rausschmeißen können.« – Er kichert, wird aber wieder ernst, bevor er zu husten beginnt. (S. 148)“
Diese Rezension zu „Immer noch wach“ wird auf meinem Blog etwas persönlicher und länger als andere. Das hat einen bestimmten Grund: es handelt sich um ein Buch, welches ich aufgrund des Themas normalerweise nicht in die Hand genommen hätte. Aber ich kenne den Autor Fabian Neidhardt schon seit meiner Kindheit. Doch fangen wir von vorne an: Am 7. Dezember 2017 hat Fabian seinen Bericht über seine Zeit im Hospiz veröffentlicht. Schon damals dachte ich „Hut ab!“ – ich hätte nicht den Mut dazu gehabt. Fabian verbrachte eine Woche lang in einem Hospiz, mehr gedacht als Recherche wurde daraus glaube ich eine der prägendsten Erfahrungen, die er in den letzten Jahren machen durfte. Der Arbeitstitel seines Romans hieß damals noch „Die Träume der anderen“. Bis heute hat mich dieser Bericht nicht losgelassen und um so mehr freute ich mich, aus der Presse von der Veröffentlichung seines Buches zu erfahren.
Nach ein bisschen Recherche bin ich über den Klappentext gestolpert und wusste zugleich zwei Dinge: Erstens: ich werde das Buch lesen. Schon seit unserer Jugend kenne ich Fabians Traum von einer Buchveröffentlichung und ich durfte auch immer wieder mal in seine Werke reinschnuppern. Über die Fertigstellung dieses Buches und die Veröffentlichung erfuhr ich über einen Pressebericht – was eine umso größere Überraschung war. Und zweitens: ich habe einen wahnsinnigen Respekt davor, dieses Buch zu lesen. Vielleicht sogar Angst? Woher kommt die? Wahrscheinlich aus meiner eigenen bekennend-hypochondrischen Art mit Krankheiten und dem Tod umzugehen. Oder ihn zu meiden. Und dann war da ja noch das Thema Beziehungen und Gefühle. Auch wenn ich hin und wieder weniger bekannte Bücher ausgrabe, so lese ich zugegebenermaßen doch gerne die Thriller aus den Federn bekannter Autoren wie Marc Elsberg, Andreas Gruber oder Frank Schätzing. Beziehungsromane oder melancholische Themen bleiben hier meist hintenangestellt oder ernten eine vernichtende Kritik.
Erwartet haben mich dann aber mehrere Überraschungen. Zum einen hat das Buch trotz vieler (für mich manchmal wirrer) Zeitlinienwechsel schnell eine ordentliche Spannung aufgebaut. Man möchte dann auf einmal doch wissen wie es mit Alex weiter – oder besser zu Ende – geht. Und dann gab es natürlich ein paar Wendungen, mit denen man nicht gerechnet hat und die diesen Debütroman zu etwas Besonderem machen. Ein bisschen Skurrilität ist aber auch dabei. Kleinigkeiten, die mir als Informatiker zunächst unlogisch erschienen, werden dadurch ganz schnell und gekonnt in den Hintergrund gedrängt.
Mich hat die Nähe zu den Protagonisten berührt. Fabian ist es gelungen die Emotionen gut und intensiv zu vermitteln. Dadurch entsteht eine Verbundenheit, mit der ich nicht gerechnet habe. Ich muss zugeben: ich weiß einfach nicht wie Kenner des Genres diesen Roman rund ums Leben, Leben lassen und Sterben gewürzt mit einer Brise Humor und Leidenschaft bewerten würden. Aus meiner Perspektive handelt es sich auf jeden Fall um ein gelungenes Debüt. Herzlichen Glückwunsch, Fabian!
Danke. <3 Gerade von Menschen wie dir, die mich schon so lange begleiten, freut mich das sehr.
Lächeln, Fabian