Jan Weiler zeigt seine dunkle Seite.
Hauptkommissar Kühn hatte zu tun. Er hatte viel zu tun. Viel zu viel. Deshalb ist er nach seinem letzten Fall auch in einer Burn-Out-Reha gelandet. Nachdem er diese Übung erfolgreich absolviert hatte ist er wieder in den aktiven Dienst zurückgekehrt. Auch im Familienleben hatte sich vieles zum Positiven entwickelt. Und so mit sich und seinem Körper im Reinen kommt auch gleich wieder alles ins Wanken. Es wurde nämlich eine brutal zugerichtete Leiche eines Jugendlichen gefunden und gleichzeitig erpresst auch noch jemand den lokalen Supermarkt bei ihm um die Ecke.
Amir ist siebzehn, kommt aus Neuperlach und ist cool. Zumindest dachte er das, wenn er mit seinen Kumpels durch die Straßen zog, andere anpöbelte oder hin und wieder etwas im Supermarkt klaute. Doch dann hat er sich schlagartig in ein Mädchen aus dem wohlbetuchten Grünwald verliebt. Julia van Hauten, Tochter des Besitzers einer großen Patentanwalts-Kanzlei, hatte er bei einer Veranstaltung des „Münchner Sternenhimmels“ kennengelernt. Der „Münchner Sternenhimmel“ hat es sich zur Aufgabe gemacht Migration zu fördern und durch Programme, Aktionen und Information Gewalt und Kriminalität bei Jugendlichen zu senken.
Auf der einen Seite erfolgreich handelt es sich auf der andere Seite bei den Mitgliedern des „Münchner Sternenhimmels“ ausnahmslos um reiche und bekannte Persönlichkeiten aus München. Bei den Veranstaltungen des „Münchner Sternenhimmels“ wird ausschließlich „Haute Cuisine“ serviert und Champagner gekostet. Beides sehen die eigentlichen Zielpersonen des „Münchner Sternenhimmels“ äußerst selten.
Und auf einmal führen ihn die Ermittlungen um den ermordeten Jugendlichen in ganz andere Welten als sein bekanntes Viertel auf der Weberhöhe. Er lernt Neuperlach kennen und muss erleben wie sich Familien schon früh entzweien, aus Armut und Angst um die Zukunft. Aber auch im feinen Grünwald fühlt er sich zwischen teuren Autos, Austern und riesigen Villen nicht sonderlich wohl. Und dann muss er sich zusätzlich noch im internen Wettbewerb um eine Beförderung beweisen. Und das ausgerechnet gegen seinen Untergebenen Steierer, mit dem er manchmal einfach nicht klarkommt.
Hörprobe mit freundlicher Genehmigung des Hörverlags.
Jan Weiler schrieb schon in seinem ersten Roman um Hauptkommissar Kühn kurzweilig und im bekannten humoristischen Stil. Dabei lässt er keine auch noch so komische Situation aus. Und trotz aller Komik kommen uns immer wieder kleine Sticheleien so bekannt vor, dass man sich stets aufs Neue ertappt fühlt. Das ist Jan Weilers Art an unserer Gesellschaft Kritik zu üben. Manchmal allzu offensichtlich, manchmal gut versteckt zwischen zwei Zeilen.
Das Verhalten des Mitvierzigers Martin Kühn und auch das seiner Familie vermittelt den Eindruck, dass Jan Weiler vieles aus seinen Büchern schon selbst erlebt hat. Schließlich hat er ja auch erst vor einigen Jahren mit dem Pubertier einen großen Hit gelandet. Und nun ist zumindest Martin Kühns Ältester aus dem Gröbsten raus. Er nähert sich seinem Vater Martin Kühn wieder an, aber eher von Mann zu Mann als von Sohn zu Vater. Und so nimmt auch dieser zweite Roman um Martin Kühn immer wieder überraschende Wendungen, lässt einen leichten Bogen Spannung entstehen und unterhält auf gute Art und Weise. Die Lesung vom Autor macht Spaß, zumal er mit seiner Stimme die Charakter der einzelnen Protagonisten hervorragend unterstreicht.
Überrascht hat mich die düstere Seite, die Jan Weiler dieses Mal gezeigt hat: einige Szenen waren mit einer ordentlichen Portion Brutalität gewürzt und hinterließen zumindest bei mir ein wenig Verwunderung. Damit hatte ich nicht gerechnet. Andere Szenen dafür lassen einen schallend mitlachen. Manche Kapitel des Hörbuchs sind vielleicht nicht für jeden dazu geeignet eine längere Dienstfahrt mit einer jüngeren Kollegin zu verkürzen, aber unterhaltsam war das Werk definitiv. Ich kann auch dieses Hörbuch auf jeden Fall uneingeschränkt empfehlen.
Ein Gedanke zu „Jan Weiler – Kühn hat Ärger“