Wenig versprechende Seminarunterlagen.
Immer mehr Menschen kommen mit der Schnelligkeit in unserer Zeit nicht zurecht. Sie fühlen sich überfordert, Burnout wurde inzwischen zur Volkskrankheit. Wer heute viel leisten will, kommt leicht in Versuchung einfach alles zu beschleunigen. Ein Zeitmanagement-Seminar und schon wird’s funktionieren. Ganz so einfach ist das aber nicht.
In „Wenn du es eilig hast, gehe langsam“ von Lothar J. Seiwert wird zunächst einmal mit vielen Vorurteilen aufgeräumt. Die meisten Probleme haben heute nämlich divergente Menschen, die mit dem klassischen Zeitmanagement, dem Organisieren und Strukturieren von Aufgaben, nicht zurechtkommen.
Der Autor zeigt auf, warum wir eine neue Zeitkultur und kein Zeitmanagement benötigen. Die Zeit vergeht gleich schnell, egal was wir tun. Trotzdem können wir unsere Lebensqualität erhöhen, wenn wir uns als divergente, rechtshirnige Menschen loslösen vom klassischen Zeitmanagement. Wenn wir unserem Leben einen Sinn geben und uns auf diesen konzentrieren. Wenn wir die Selbstbestimmung wieder in den Vordergrund unseres täglichen Handelns rücken.
„Wenn Ihnen jemand 200 Euro stehlen will, werden sie versuchen, das mit aller Macht zu verhindern – wenn Ihnen hingegen jemand zwei Stunden Zeit raubt, lassen es die meisten einfach so geschehen.“ (S.65)
Gleich zu Beginn versucht Lothar J. Seiwert die Probleme zu beschreiben, die im heutigen stressigen Alltag entstehen. Er unterteilt dafür die Menschen in monochronische und polychronische Zeitmanager und in linkshirnige und rechtshirnige. Alles sicherlich nicht falsch, für mich aber leider auch nichts Neues. Besonders im zweiten Kapitel versucht der Autor dann im Schnelldurchlauf den Leser zu schulen, wie er sein Zeit- und Lebensmanagement entwickeln kann.
Und hier hat bei mir leider der Spaß auch schon aufgehört. Wenn ich ein Buch mit diesem Titel und einem allgemeinen Klappentext aufschlage, habe ich keine Lust seitenlange Fragebögen zu beantworten oder mein eigenes Leben nach Schema F zu durchleuchten. Mir geht es gut, ich bin zufrieden und an vielen Stellen kenne ich die gut gemeinten Tipps bereits. Trotzdem habe ich wenig Zeit – in diesem Buch wird das fast als unmöglich dargestellt. Eigentlich müsste ich Zeit im Überfluss haben.
Fast schon sarkastisch ist, dass ich dieses Buch vor ca. 10 Jahren ausgeliehen bekommen habe und es seither immer wieder zurückgestellt habe. Ich habe mich also brav an den Titel gehalten. Erwartet hatte ich unterhaltsame Impulse und möglicherweise auch ganz subjektive Eindrücke aus der heutigen, rasanten Zeit – wenig davon habe ich bekommen.
Es mag bestimmt Leser geben, die einen Ratgeber in dieser Art gesucht haben und davon profitieren. Auf mich wirkte es eher wie ein Manuskript zu einem von Lothar J. Seiwert ins Leben gerufenen Seminaren. Der Erkenntnisgewinn hielt sich für mich sehr in Grenzen.
Hallo Johannes,
danke für den schönen Beitrag.
In unserer heutigen schnelllebigen Welt ist der Faktor Zeit einfach essenziell wichtig. Ich denke, dass größte Problem was wir haben, ist sich mit belanglosen Dingen zu beschäftigen. Der Fokus liegt nicht mehr auf einen selbst bzw. den Menschen in seinem Umfeld, sondern auch viele anderen Dingen wie bspw. Corona. Klar das man keine Zeit mehr für die wichtigen Dinge im Leben hat. Deine Buchempfehlung schreibe ich mir auf die Liste.
VG
Patrick
Hallo Patrick,
danke für das Lob! Mir fällt gerade jetzt, einige Monate später, noch ein wichtiger Punkt auf: die Medien und die Presse unterstützen die Problematik den Fokus zu verlieren. Man muss unglaublich schnell informationen verarbeiten und filtern. Hoffentlich gelingt es uns die nachfolgende Generation zu lehren wie man das macht, und wie man dadurch wieder mehr Zeit für sich und das Wesentliche gewinnen kann. In einer Zeit, in der Pressefreiheit auch mit „die Freiheit, das zu schreiben was am meisten Profit abwirft“ übersetzt werden kann, ist das sehr schwierig. Ich bin gespannt was die Zeit bringen wird.
Herzliche Grüße,
Johannes