Don Winslow – Vergeltung

Legitimierte Selbstjustiz?

Dave Collins ist Federal Security Officer am Kennedy-Airport und wohnt mit seiner Frau Diana und seinem Sohn Jake zusammen. Weihnachten planen sie dieses Jahr gemeinsam in Montana bei Dianas Eltern zu verbringen. Aus diesem Grund bringt er seine Frau und seinen Sohn schon einige Tage vorher zum Flughafen und verabschiedet sie an der Sicherheitskontrolle. Kurze Zeit später wird ein Anschlag auf das Flugzeug verübt. Alle Passagiere sterben, ein Großteil der Maschine stürzt in einen Tunnel und bringt hunderten von weiteren Menschen den Tod.

Quelle: Suhrkamp Verlag, Genehmigung: vorablesen.de
Quelle: Suhrkamp Verlag, Genehmigung: vorablesen.de

Verantwortlich für diese Tat ist Abdullah Aziz. Zur Ablenkung hatte er einen Anschlag im Kennedy-Airport im Terminal 4 geplant, den Dave jedoch erfolgreich verhindern konnte. Trotzdem ist Daves Familie tot. Das perfide an der Geschichte: die amerikanische Regierung möchte sich nicht die Blöße eines weiteren Attentats nach 9/11 geben und spricht deshalb in der Öffentlichkeit von einem technischen Defekt. Dave Collins erhält jedoch Hinweise darauf, dass die Regierung den Anschlag vertuscht, ja sogar Beweise fälscht. Aus diesem Grund sinnt er nach Rache, er möchte persönliche Vergeltung für seine Familie und heuert hierfür zusammen mit anderen Hinterbliebenen der Opfer eine Söldner-Truppe an – mit dem alleinige Ziel Abdullah Aziz und seine Helfer umzubringen.

„»Selbstjustiz?« – »Wie nennen Sie es sonst, wenn ein Mann auf eigene Faust für Gerechtigkeit sorgt?« – »Ich nenne das einen Mann, dessen Regierung sich weigert, es für ihn zu tun«, erwidert Wendelin.“ (S. 289)

Ein überraschender Ansatz. Amerika nimmt ein Attentat stillschweigend hin und übernimmt sogar die Verantwortung dafür. Nur um sich nicht in der Öffentlichkeit eingestehen zu müssen, dass das Attentat nicht verhindert wurde. Damit habe ich nicht gerechnet. Die brutale Selbstjustiz von Dave Collins ist jedoch auch nur unwesentlich besser als ein typischer „Amerikaner-sind-die-Besten-und-haben-im-Kampf-gegen-Terror-immer-Recht“- Roman.

Don Winslow schreibt kurz und prägnant. Er wechselt mehrfach und schnell die Perspektiven. Er geht auch auf die Geschichten der einzelnen Protagonisten ein und baut geschickt immer wieder Hintergrundinformationen in den Handlungsstrang ein. Trotzdem handelt es sich um einen brutalen und schießwütigen Roman, gespickt von allerlei Akronymen die vermutlich cool klingen sollen: eine Frau mit Burka wird beispielsweise als Black Moving Object, kurz BMO, bezeichnet. Doch ist das wirklich cool?

Mir persönlich hat die Gewalt und Willkür des Todes leider den Spaß an diesem Thriller genommen. Zugegeben, die Handlung ist spannend vom Anfang bis zum Ende. Aber trotzdem bleibt mehr ein überdrehter Ballerfilm als ein genialer Thriller im Gedächtnis. Eine gute Unterhaltung für zwischendurch, aber keinesfalls der bislang „härteste Thriller“ eines „der besten Krimiautoren der Welt“ – wie es das Buchcover verspricht.

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